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Sozialen Implikationen der nichtlokalen Wahrnehmung

Aktualisiert: 15. Dez. 2021

Über Präkognition, globales Bewusstsein und politische Neurowissenschaft: eine deutsche Übersetzung des Artikels von Stephan A. Schwartz "From One to the Many: The Social Implications of Nonlocal Perception".

Der Körper weiss im voraus

Alexandra, eine 22-jährige College-Studentin, die vor kurzem ihr Psychologie-Studium abgeschlossen hatte, absolvierte ein Sommerpraktikum am Institut für Noetische Wissenschaften in Kalifornien. Dort lernte sie den experimentellen Psychologen Dean Radin, der Forschungsleiter des Instituts, kennen. Als er ihr erzählte, an was er im Labor arbeitete, stellte sie sich freiwillig als Teilnehmerin zur Verfügung. Nun sass sie in seinem Labor in Petaluma, Kalifornien, und fixierte einen Computerbildschirm. Die meiste Zeit war nichts zu sehen. Aber immer wieder erschienen zufällig für einen Moment Bilder. Radin hatte eine Makrovideokamera montiert, die auf Alexandra gerichtet war und die Iris ihres Auges filmte. Nicht immer, aber oft genug, um bedeutend zu sein, weitete sich ihre Iris, kurz bevor ein Bild auf dem Bildschirm erschien. Die Erweiterung der Pupille entsprach dem emotionalen Inhalt, der Numinosität, des Bildes. Gewalt oder Sex hatten wenig überraschend die grösste Auswirkung. Klar gesagt: Ihr Körper reagierte auf etwas, bevor es geschah. Sie hatte eine Vorahnung. Radin und seine Mitforscherin Ana Borges erklären: „Diese Studien, die konzeptuell ähnliche Experimente nachbilden, deuten darauf hin, dass Seher manchmal wirklich die Zukunft vorhersehen. Das bedeutet, dass die Entwicklung von umfassenden vorwegnehmenden Verhaltensmodellen, vom Verständnis der Art der Intuition bis zum Placeboeffekt, die Berücksichtigung von überzeitlichen und teleologischen Faktoren erfordern könnte.“


Die niederländische Mathematikerin und Bewusstseinsforscherin Eva Lohbach von der Universität Amsterdam hat die Dutzenden Artikel über die Vorahnung untersucht, die bereits in von Fachleuten geprüfter Literatur veröffentlicht wurden. Diese Studien wurden von mehreren Forschern an verschiedenen Instituten in Laboren in der ganzen Welt durchgeführt. Lohbach hat in meinen Augen die richtige Schlussfolgerung aus den Daten gezogen.


„Frühere und aktuelle Forschung zeigt, dass visuelle oder auditorische Reize, die Emotionen hervorrufen, stärkere vorausgreifende Wirkungen haben als neutralere Reize. Die wichtigsten physiologischen Masseinheiten in Studien über die Vorahnung sind Puls, EEG, fMRT (BOLD Signal) und elektrodermale Aktivität (EDA). Bislang haben alle das Vorhandensein einer Vorahnung gezeigt, der ganze Körper scheint also beteiligt zu sein. Frauen scheinen für Vorahnungen empfindlicher zu sein als Männer. Die Wirkung der Meditation ist gemischt.“

In all diesen Studien wird die Beziehung von Verstand und Körper psychophysisch ausgedrückt, die Reaktion nimmt jeglichen kognitiven Einsatz vorweg. Das ist Vorahnung auf individueller Ebene. Aber ich denke, dass die Daten uns auch etwas anderes zeigen: Es gibt eine andere Dimension, die individuelle Reaktion im Kollektiv. Dieser Effekt ist sozial bedingt.


Das globale Bewusstsein

Roger Nelson ein experimenteller Psychologe der fast seit Beginn das Labor der Princeton Engineering Anomalies Research (PEAR) leitet, beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema. Der wichtigste Forschungsvektor für das PEAR-Labor war die nonlokale Störung, die direkte Beeinflussung von Zeit und Raum durch das Bewusstsein. Während jahrzehntelanger Forschung wurden Einzelpersonen beauftragt, die Performance von elektronischen Zufallsgeneratoren (REGs) zu beeinflussen. Diese Hilfsmittel waren hoch entwickelt, um ihre zufällige Performance sicherzustellen. Die menschliche Absicht konnte die Zufälligkeit jedoch aufheben. Nelson war bei einem Dutzend solcher Studien Teil des Forschungsteams. Als Ganzes genommen zeigen sie, dass die gerichtete Absicht von gewöhnlichen Menschen dies bewirken kann, und über die ganze PEAR-Datenbank betrachtet, liegt die Wahrscheinlichkeit einmal mehr bei unter eins zu einer Milliarde.


Während seiner Zeit in Princeton fragte Nelson: Kann diese individuelle Auswirkung eine objektiv überprüfbare kollektive Ausdrucksweise zur Folge haben? Um diese Frage zu beantworten schuf er das Globale Bewusstseinsprojekt (GCP), das nun seit über einem Jahrzehnt ununterbrochen läuft. Das Studiendesign ist ziemlich einfach: Ist es möglich, dass eine Menschenmenge mit einem individuellen, aber verknüpften Erlebnis eine Auswirkung auf ein ständig laufendes, koordiniertes Netzwerk von mit Computern verknüpften REGs haben können? Ein nichtlokales Bewusstsein, das sich als soziales Bewusstsein ausdrückt. Etwas wie die Reaktion der Welt auf den Tod von Prinzessin Diana durch einen Autounfall oder den Tsunami in Japan von 2011? Ich möchte dies ausführen, da Viele Schwierigkeiten haben, sich die Vorahnung bei Einzelpersonen vorzustellen. Umso schwieriger ist es, die logische Erweiterung zu sehen: die soziale Verknüpfung.


Nelson beschreibt es folgendermassen: „Subtile Interaktionen verknüpfen uns mit allen anderen und der Erde. Wenn das menschliche Bewusstsein verbunden und aufeinander abgestimmt wird, kann sich das Verhalten von Zufallssystemen ändern. Zufallszahlengeneratoren (RNGs) erzeugen vollständig unvorhersagbare Sequenzen von Nullen und Einsen. Aber wenn ein grosses Ereignis die Gefühle von Millionen Menschen synchronisiert, erhält unser RNGs-Netzwerk eine subtile Struktur. Die Wahrscheinlichkeit ist kleiner als eins zu einer Milliarde, dass diese Auswirkung dem Zufall zu verdanken ist. Die wissenschaftlichen Beweise deuten auf eine entstehende Noosphäre hin, oder auf das vereinte Bewusstseinsfeld, das von den Weisen aller Kulturen beschrieben wird. Das verbundene Bewusstsein schafft Ordnung in der Welt.


Grossereignisse und Vorahnung (Präkognition)

„Die gezackte rote Linie zeigt das angehäufte Übermass der empirisch vereinheitlichten Z-Werte im Verhältnis zur Erwartung für den gesamten Datensatz von streng festgelegten Ereignissen. Das Gesamtresultat ist sehr signifikant. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Zufall handelt, ist kleiner als eins zu einer Million.“


Betrachten wir den Klimawandel in Bezug auf die individuelle Vorahnung und die kollektive nonlokale Verknüpfung. Alle wissenschaftlichen Ansätze auf Grundlage von früheren und aktuellen Daten verdeutlichen, dass katastrophale Veränderungen anstehen. Für viele sind extreme Wetterverhältnisse bereits eingetroffen. Gehen Sie auf http://www.nytimes.com/interactive/2012/11/24/opinion/sunday/what-could-disappear.html?_r=0 und schauen Sie sich die Auswirkungen an, die ein nur eineinhalb Meter höherer Meeresspiegel auf die grossen amerikanischen Städte an allen Küsten hat. Denken Sie, dass eine unheilvolle und emotionale Erfahrung wie die Überflutung der am dichtesten bewohnten Bevölkerungseinzugsgebieten des Planeten eine Vorahnung auslösen kann? Wie würde diese aussehen?


Wenn Ihr Körper eine psychophysisch verknüpfte Vorahnungsreaktion hat, dass eine Katastrophe bevorsteht, wie würden Sie das verinnerlichen? Wie würde es sich äussern? Sicher in Stress und Angst. Man mag die Ursache nicht kennen; Ihr Bewusstsein würde es einfach als Existenzangst erfassen. Wie würde dieses Bewusstsein Ihr Leben beeinflussen? Und, wenn viele Leute es fühlen würden, was wäre die soziale Erscheinungsform?


Politische Neurowissenschaft

Die Amygdala ist ein mandelförmiges Gebilde tief im Schläfenlappen. Sie hat bei allen Spezies, bei denen sie vorkommt, einschliesslich beim Menschen, die gleiche Funktion. Sie wird in Zeiten der Angst, bei Stress der bei einer Bedrohung aktiviert und übernimmt bei genügend Stress die Kontrolle. Dies ist eine heldenhafte Reaktion, ein Versuch, sein Leben vor einer erkannten Bedrohung zu retten. Diese Aktivierung setzt das rationale Denken ausser Kraft. Interessant für die Gesellschaft ist dabei, dass diese Reaktion einen grossen politischen Einfluss hat. Forscher des University College London zeigen, dass „eine konservativere Haltung mit einer grösseren rechten Amygdala in Verbindung steht.“ Die Amygdala ist eine uralte Hirnstruktur, die während Angst- und Furchtzuständen aktiviert wird.


Die Forscher fanden zudem heraus, dass „eine liberalere Haltung mit mehr grauen Zellen im anterioren cingulären Cortex (ACC) zusammenhängt“ – einem Bereich im Hirn, von dem angenommen wird, dass er bei der Bewältigung von komplexen Situationen hilft. Die Studie zeigt auch, dass der ACC bei Konservativen kleiner ist – der Teil des Gehirns, der für Mut und Optimismus zuständig ist. Das ist politische Neurowissenschaft. Wir müssen dies besser verstehen, da es unsere Welt formt. Der Neurologe Geraint Rees bringt es auf den Punkt: „Das ist sehr bedeutungsvoll, weil es nahe legt, dass ein Teil der politischen Haltungen entweder durch unsere Erfahrung in unserer Gehirnstruktur verschlüsselt ist oder dass unsere Gehirnstruktur irgendwie unsere politische Haltung bestimmt oder zur Folge hat.“


Dies berichtet das „Pew Research Religion and Public Life Project“: „der grundlegende religiöse Umriss der Wähler von 2012 gleicht neusten Wahlen – traditionell unterstützten republikanische Gruppen wie weisse Evangelikale und wöchentliche Kirchengänger Romney, während traditionell demokratische Gruppen wie schwarze Protestanten, lateinamerikanische Katholiken, Juden und Konfessionslose weitgehend Obama unterstützten.“


Bewusstsein und Angst

Wenn diese Untersuchung uns etwas mitteilt, dann dass die Spaltung, die die Vereinigten Staaten auseinander reisst, eine neurologische Grundlage hat, die nicht mit Vernunft oder Tatsachen gelöst werden kann. Was bedeutet das konkret für uns? Erstens, dass das Bewusstsein von allen anderen abhängt und es mit anderen verbunden ist. Zweitens, dass die Angst, die heute Teil der amerikanischen Kultur ist, von einem präkognitiven Bewusstsein stammen könnte, einer Vorahnung mit psycho-neurologischen Auswirkungen, die ihrerseits politische und soziale Auswirkungen haben. Drittens, dass diese Angstreaktion einen bedeutenden Prozentsatz unserer Bevölkerung betrifft.


Wenn wir die sich entwickelnde Welt erfolgreich lenken wollen, müssen wir einen Weg finden, diese Angst zu überwinden. Die Welt sieht anders aus, wenn man die Menschheit als in statt auf der Erde lebend betrachtet, eingebettet in die Biosphäre des Planeten, in einer gleichen Bewusstseinsmatrix mit dem kleinsten einzelligen Organismus bis zu den hoch entwickelten Säugetieren wie uns selber. Innerhalb dieser Matrix könnten wir fähig sein, durch gezieltes Bewusstsein zu erreichen, was Tatsachen und Logik nicht können. Dies ist eine Strategie des Ist-Zustands und nichts für schwache Nerven. Larry Dossey, der Chefredaktor von Explore, fasst es in seinem neusten Buch One Mind (One Mind: Alles ist mit Allem verbunden) kurz:

„Das Konzept eines einzigen Geistes ist eine Dimension, in der du und ich uns treffen.“


Dies würde ich mit „in nacktem Bewusstsein“ ergänzen, einem sehr buddhistischen Konzept. Im nichtlokalen Bereich gibt es keine Geheimnisse, wie die übersinnliche Fernwahrnehmungsforschung, ebenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als eins in einer Milliarde, immer wieder klar macht. Ich denke, dass dies einer der Gründe ist, warum gewisse Bereiche sich der Akzeptanz des nichtlokalen Bewusstseins und der Verknüpfung alles Lebens widersetzen, trotz überwältigender Beweise, dass es so ist.


Wie Rumi sagt:

„Draussen, jenseits der Vorstellungen von Fehlverhalten und Wohlverhalten, liegt ein Feld. Dort werd‘ ich mit dir zusammentreffen. Wenn die Seele sich in jenes Grasland niederlegt, ist die Welt zu sehr erfüllt, um darüber zu reden. Vorstellungen, Sprache, selbst der Ausdruck „der Andere“ ergeben keinerlei Sinn mehr."

Es mag nichts für schwache Nerven sein. Aber es könnte der einzige Weg sein, um eine sehr schmerzhafte Zukunft zu lenken.

*Überschriften, Fettdruck und Links sind vom Übersetzer. Übersetzung mit Einverständnis von Stephan A. Schwartz

Original: Schwartz, Stephan A. “From One to the Many: The Social Implications of Nonlocal Perception.” EXPLORE: The Journal of Science and Healing 10.3 (2014): 146–149. Weitere Referenzen im Originalartikel.

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